RCC2 - Ökobilanz heizbarer Schalung für CO2-reduzierten und klimaneutralen Beton

Experimentelle Entwicklung innovativer Rezepturen CO2-reduzierten Betons sowie beheizter Schalung zur Unterstützung der Frühfestigkeitsentwicklung bei winterlichen Temperaturen.

Kurzbeschreibung

Motivation und Forschungsfrage

Klinkerreduzierte Rezepturen von Beton haben geringere CO2-Emissionen als Standardbetone. Die verzögerte Frühfestigkeitsentwicklung von CO2-reduziertem Beton – Reduced Carbon Concrete (RCC) – stellt zufolge des geringeren Bindemittelgehalts insbesondere bei niedrigen Außentemperaturen eine Herausforderung dar. Diese fehlende Energie bei der Hydratationswärmeentwicklung zu Beginn der Erhärtungsphase kann u.a. durch eine heizbare Schalung ausgeglichen werden. Aber auch eine strombetriebene Beheizung der Schalung verbraucht Energie, deren Erzeugung wiederum CO2 emittiert. Daher ist die Ökobilanz von heizbaren Schalungen zur Unterstützung CO2-reduzierter Betone ein Schlüssel zur Bewertung der Nachhaltigkeit innovativer RCC-Rezepturen. Daraus lässt sich folgende Forschungsfrage formulieren: Wie kann die Ökobilanz von heizbaren Schalungen zur Unterstützung von CO2-reduzierten Betonen bewertet werden und inwieweit beeinflusst dies die Nachhaltigkeit innovativer Betonrezepturen?

Ausgangssituation/Status Quo

Das im Jahr 2020 vorangegangene und von der Magistratsabteilung 20 der Stadt Wien (Energieplanung) mitinitiierte Forschungsprojekt Reduced Carbon Concrete (RCC) (GZ 2020-0.657.535) hatte die Erforschung des Baustelleneinsatzes von CO2-reduziertem Beton zum Ziel. Dabei wurden weiterführende Forschungsfragen formuliert, u.a. zur Rolle innovativer Schalungen für eine verbesserte Baustellenpraxis bei verzögerter Frühfestigkeit des Frischbetons.

Grundsätzlich kann die CO2-Reduktion im Beton durch folgende Maßnahmen erfolgen:

  • Klinkerreduktion und damit CO2-Reduktion im Zement
  • Reduktion des CO2-Gehalts in den Zusatzstoffen
  • Änderungen im Produktionsprozess
  • Optimierung der Transportwege

Projekt-Inhalte und Zielsetzungen

Ziel dieser ebenfalls von der Magistratsabteilung 20 der Stadt Wien initiierten und von der FFG geförderten Fortsetzung des Forschungsprojektes ist es, einen Beitrag zur Etablierung von CO2-reduziertem - bis hin zu bilanziell klimaneutralem - Beton als neuen Stand der Technik zu leisten und den ganzjährigen Einsatz dieser Betone zu ermöglichen. Gegenständlich wurde dies mit Hilfe eines von Doka GmbH zu entwickelnden Prototypen einer heizbaren Schalung (interner Projektname: IHF Intelligent Heated Formwork) in Kombination mit dem Monitoringsystem der Bauteiltemperatur von Doka (Concremote) überprüft. Um die klimaabhängigen Einflüsse bewerten zu können, wurde eine Versuchsreihe im Sommer und eine im Winter durchgeführt. Die Sommerversuchsreihe wurde im Oktober 2022 mit Unterstützung der Magistratsabteilung 20 der Stadt Wien und unter Erbringung erheblicher Eigenleistung der beteiligten Unternehmen des Forschungskonsortiums erfolgreich abgeschlossen. Gegenstand des vorliegenden Endberichtes ist nun die Dokumentation der Durchführung und der Erkenntnisse aus dem Wissenszuwachs der entscheidenden Winterversuchsreihe mit heizbarer Schalung.

Methodische Vorgehensweise

Zwölf Versuchsbauteile, davon sechs in einer heizbaren Schalung und sechs in einer konventionellen Schalung, wurden hergestellt, bei der Einstellung der Umgebungstemperatur auf -5 °C in Kühlcontainern gelagert und anschließend einem Prüfkonzept unterzogen. Die Versuchsanordnung wurde auf sechs Kühlcontainer aufgeteilt, um von Witterung und Außentemperaturschwankungen unabhängige, kontrollierte Bedingungen gewährleisten zu können. So konnte das für die Region annehmbar ungünstigste Szenario von Klimabedingungen mit konstant tiefen Durchschnittstemperaturen unter 0 °C geschaffen werden. Alle Bauteile wurden mithilfe des Betonmonitoringsystems Concremote von Doka GmbH hinsichtlich ihrer Temperaturentwicklung überwacht, um so zu jedem Zeitpunkt auf ihre Festigkeitsentwicklung schließen zu können. Außerdem wurden die Betone normkonform laborüberwacht: Würfeldruckfestigkeiten und Spaltzugfestigkeiten sowie E-Modul an Zylindern und Karbonatisierungseindringtiefe.

Die Wandelemente verblieben bis zum Erreichen der Ausschalfestigkeit in den (beheizten) Schalungen. Die Deckenelemente wurden einseitig beheizt und lt. Norm nachbehandelt. Aufgrund der konstant tiefen Umgebungstemperaturen in den Containern mussten in der Schutzzeit als auch nach Erreichen der Schutzzeit entsprechende Maßnahmen entsprechend normativer Vorgaben ergriffen werden.

Ergebnisse

Die Ergebnisse aus dem Winterversuch sind zukunftsweisend: die heizbare Schalung von Doka ist in der Lage, Bauteile in ihrer Frühfestigkeitsentwicklung auch bei Minustemperaturen ausreichend zu unterstützen. Bei allen Bauteilen konnte nach 28 Tagen die normativ erforderliche Bemessungsfestigkeit erreicht werden. Eine heizbare Schalung ist demnach in der Lage, die Hydratation von CO2-reduziertem Beton mit geringerer Eigenwärmeentwicklung bei niedrigen Außentemperaturen entscheidend zu unterstützen, um sowohl eine Kompensation der verzögerten Frühfestigkeitsentwicklung zu ermöglichen als auch energieoptimiert den Schutz des jungen Betons bei Temperaturen unter 3 °C gemäß ÖN B 4710-1 bzw. ONR 23339 zu gewährleisten. Auch bei konstanten Umgebungstemperaturen von -5 °C konnten in den Bauteilen in heizbarer Schalung Bauteiltemperaturen von deutlich über 10 °C (doppelseitige Schalung (Wände)) resp. etwa 10 °C (einseitige Schalung (Decken)) aufrechterhalten werden. Insbesondere ermöglicht die heizbare Schalung auch bei Temperaturen unter 0 °C eine gleichwertige Frühfestigkeitsentwicklung für CO2-reduzierten Beton, selbst unter schwierigsten Umgebungsbedingungen. Der energetische Aufwand, der für die heizbare Schalung erforderlich ist, reduziert die CO2-Einsparung bei der CO2-reduzierten Rezeptur um etwa die Hälfte und bei der CO2-reduzierten Rezeptur inkl. technischem Kohlenstoff lediglich um etwa ein Siebtel.

Der CO2-Abdruck der strombeheizten Schalung verringert die CO2-Reduktion der Betonrezepturen im vorliegenden Winterversuch um ca. 10 % des gesamten „Embedded Carbons", also des Treibhauspotenzials (GWP) in Relation zum regionalen Referenzbeton.

Schlussfolgerungen & Ausblick

Die Ergebnisse der Versuchsreihe schaffen eine wichtige Perspektive auf einen branchenweiten Einsatz von CO2-reduziertem und bilanziell klimaneutralem Beton. Dies bedeutet die Möglichkeit einer Etablierung von Klimaschutzzielen mit Performance-Beton als neuen Stand der Technik ohne Mindestbindemittelgehalt. Basierend auf den Monatsmitteltemperaturen unter 5 °C der letzten Jahrzehnte erscheint für die Metropolregion Wien eine punktuelle Anwendung beheizter Schalungen an ca. 40-50 Tagen im Jahr zielführend.

Insbesondere die CO2-reduzierten Rezepturen mit Beigabe von technischem Kohlenstoff sind auch trotz beheizter Schalung potenziell in der Lage, Beton bilanziell klimaneutral zu machen, da die Schalungsheizung nur einen Bruchteil der CO2-Reduktion verringert.

Das Forschungsprojekt hatte nicht zur Aufgabe, die notwendigen betontechnologischen Untersuchungen für die Beigaben von großen Mengen technischen Kohlenstoffs durchzuführen. Diese Untersuchungen sind essenziell und finden derzeit vielerorts bereits statt. Mit der Ökobilanz heizbarer Schalung für CO2-reduzierten Beton ist jedenfalls das Ziel einer Dekarbonisierung von Beton für die Baupraxis perspektivisch greifbar gemacht.

Publikationen

RCC2 – Reduced Carbon Concrete 2: Ökobilanz heizbarer Schalung für CO2-reduzierten und klimaneutralen Beton

Experimentelle Entwicklung innovativer Rezepturen CO2-reduzierten Betons sowie beheizter Schalung zur Unterstützung der Frühfestigkeitsentwicklung bei winterlichen Temperaturen. Schriftenreihe 26/2024
T. M. Romm, J. Flaszynska, M. Härtel, M. Kopp, D. Ehrenreich, T. Meinschad, P. Kasal, T. Belazzi, J. Horvath, M. Schwarzbauer, L. Kujawa, R. Pamminger, M. Löffler, F. Denk, H.-J. Zeiler, J. Hörler, J. Roth, A. Preuß, T. Groeneveld
Herausgeber: BMK
Deutsch, 71 Seiten

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Projektbeteiligte

Projektleitung

Architekt DI Thomas Matthias Romm - forschen planen bauen ZT

Projekt- bzw. Kooperationspartner:innen

  • CarStorCon Technologies GmbH
  • Doka GmbH
  • Dr. Ronald Mischek ZT GmbH
  • Holcim (Österreich) GmbH
  • Materialprüfanstalt Hartl GmbH
  • Strabag Real Estate GmbH
  • Transportbeton Gesellschaft m.b.H. & Co. Komm. Ges.
  • Wopfinger Transportbeton GmbH

Kontaktadresse

Architekt DI Thomas Matthias Romm
forschen planen bauen ZT
Löwengasse 47a/7
A-1030 Wien
Tel.: +43 (650) 984 84 88
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