MasSan - Machbarkeitsstudie serieller Sanierungskonzepte & -modelle in Österreich
Kurzbeschreibung
Die Dekarbonisierung des Gebäudesektors ist eine der zentralen Herausforderungen auf dem Weg zur Klimaneutralität. Österreich hat sich mit dem nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP) sowie internationalen Verpflichtungen (EU-Gebäuderichtlinie, Green Deal, EEDIII) ambitionierte Ziele gesetzt. Da über ein Drittel der CO₂-Emissionen aus dem Gebäudebereich stammt, ist eine drastische Erhöhung der Sanierungsrate und der (energetischen) Qualität von Sanierungen erforderlich.
Die serielle Sanierung – also der „industrialisierte" Ansatz, bei dem Gebäude mit modular gefertigten Dach- und Wandelementen (inkl. Haus- und Anlagentechnik) in wenigen Wochen in bewohntem Zustand saniert werden – verspricht eine kosteneffiziente, skalierbare und sozial verträgliche Lösung. Die zentrale Forschungsfrage lautete daher: Unter welchen technischen, organisatorischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Bedingungen kann die serielle Sanierung in Österreich skaliert und systematisch umgesetzt werden?
Ziel der Studie MasSan sind Handlungsfelder und -empfehlungen für eine „Marktentwicklung Serielle Sanierung in Österreich" zu erarbeiten. Sie untersucht die serielle Sanierung als innovativen Ansatz zur energetischen Gebäudesanierung in Österreich und analysiert die Potenziale, Hindernisse und Erfolgsfaktoren für die serielle Sanierung in Österreich. Dabei wurden technische Aspekte (z. B. vorgefertigte Bauteile, energetische Standards), rechtliche Hürden (z. B. Vergaberecht, Mietrecht), wirtschaftliche Rahmenbedingungen (z. B. Fördermodelle, Kostenstrukturen) sowie soziale und kommunikative Fragestellungen (z. B. Nutzerakzeptanz, Sanierung im bewohnten Zustand) integriert betrachtet.
Ausgehend von einer Datenerhebung und Analyse von seriell sanierten Gebäuden in Europa wurden in weiterer Folge diese Erkenntnisse auf ihre Umsetzbarkeit in Österreich überprüft. Ergänzt durch Erfahrungen aus (inter)nationalen Umsetzungsprojekten, bestehende Pilotprojekte und Studien aus Österreich sowie der Expertise von relevantem Stakeholder und eine Quantitative Gebäudeanalyse wurde das Potential für Österreich abgeleitet. Das Projektteam führte über 10 Expert:inneninterviews mit Vertreter:innen aus Wohnungswirtschaft, Politik, Bauindustrie und Forschung durch und entwickelte ein strukturiertes Maßnahmenpaket. Die Analyse erfolgte entlang der vier Kategorien: bautechnisch/energiestandardbezogen, rechtlich/finanziell, kommunikativ/sozial sowie marktbezogen/organisatorisch. Internationale Marktenwticklungsteams und Valume Deals (z. B. aus den Niederlanden, Deutschland, Frankreich, Estland) dienten als Vergleichsrahmen.
Die Untersuchung zeigt klar: Die serielle Sanierung hat ein hohes Potenzial zur Dekarbonisierung – besonders bei Nachkriegsbauten mit einfacher Struktur und Kubatur. Ihre Vorteile liegen in verkürzten Bauzeiten, standardisierter Qualität, der Möglichkeit der Sanierung im bewohnten Zustand sowie in langfristigen Kosteneinsparungen durch Skaleneffekte Bis zu 500.000 Wohneinheiten in Österreich sind prinzipiell für die serielle Sanierung geeignet. Derzeit jedoch fehlen flächendeckende Marktstrukturen, strategische Partnerschaften sowie gezielte Förderinstrumente. Die rechtlichen Rahmenbedingungen – insbesondere im Miet- und Vergaberecht – sind noch nicht auf die spezifischen Anforderungen serieller Verfahren abgestimmt. Erste Pilotprojekte und Forschungsinitiativen existieren, jedoch bleiben sie meist vereinzelt. Eine koordinierte Skalierung sowie eine strategische Marktaktivierung stehen noch aus. Wesentliche Hemmnisse sind ungeeignete rechtliche Rahmenbedingungen (z. B. Generalunternehmervergaben im BVergG), hohe Anfangsinvestitionen ohne gesicherte Refinanzierung sowie ein unzureichend entwickelter Markt.
Um das Potenzial zu heben, braucht es auch eine zentrale Gebäudedatenbank, klare Rahmenbedingungen und gezielte Marktsteuerung. Der Erfolg hängt nicht nur von technischer Innovation, sondern auch von politischem Willen, rechtlichen Reformen, sozialen Prozessen und marktwirtschaftlicher Steuerung ab. Dies ist ein Learning aus anderen EU Ländern!
Zentrale Handlungsempfehlungen betreffen:
- Klare Definitionen und Marktstrukturen, um Investitionen zu erleichtern und Synergien zu fördern und gezielte Förderanreize mit verpflichtender Kostenoffenlegung
- Förderlogik und rechtliche Anpassungen, etwa zur Überwindung von Vergabe- und Eigentumsrechtshürden sowie ein Fördermodell für eine Mini-Serie (z. B. 15 gleichartige Gebäude) und Anpassungen im Miet-, Bau- und Vergaberecht
- ein eigenständiges, unabhängiges Marktentwicklungsteam zur Koordination
- ambitionierte, aber realistische Energiestandards, die auch gestalterischen Spielraum ermöglichen
- soziale Einbindung und Kommunikation, um Akzeptanz und Mitwirkung der Bewohner:innen zu sichern
- strategische Marktentwicklung, etwa durch Modellprojekte, Branchenstandards und gezielte Unterstützung von KMU sowie Standardisierung von Haustechnikmodulen
- und ein stärkerer Einbezug öffentlicher Gebäude als Vorbildprojekte
Österreich steht vor der Chance, mit der seriellen Sanierung eine Schlüsseltechnologie für die Klimaneutralität zu etablieren. Wird das vorgeschlagene Maßnahmenpaket umgesetzt, kann die serielle Sanierung zu einem Leuchtturmprojekt österreichischer Klima- und Baupolitik werden.
Dafür braucht es jetzt einen strategischen Aktionsplan: den Aufbau eines branchenübergreifenden Netzwerks, gezielte Demonstrationsvorhaben (z. B. erstes Modellquartier), systematisches Stakeholder-Engagement und langfristig ein europaweit anschlussfähiges Marktmodell. Wird die aktuelle Dynamik nicht genutzt, droht ein Verlust an Innovations- und Wirtschaftskraft. Gelingt der Markthochlauf jedoch, kann Österreich zu einem europäischen Vorreiter werden – sowohl klimapolitisch als auch wirtschaftlich.
Für die erfolgreiche Skalierung der seriellen Sanierung besteht ein umfangreicher Forschungsbedarf in technischer, wirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Hinsicht. Demonstrationsvorhaben sind der Schlüssel zur praktischen Erprobung und Skalierung.
Projektbeteiligte
Projektleitung
RENOWAVE.AT
Kooperationspartner:innen
- Dr.DI Cornelia Ninaus & DI Armin Knotzer - AEE INTEC
- FH-Doz.Dr. Wolfgang Amann & Dr.MMag Alexis Mundt - IIBW
- Ing. Arch. Martin Ploss & Thomas Roßkopf-Nachbaur MSc - EIV
Kontaktadresse
Mag. Arch Constance Weiser
Schottenfeldgasse 12/1
A-1070 Wien
Tel.: +43 (664) 393 71 58
E-Mail: constance.weiser@renowave.at
Web: www.renowave.at