Leitfaden für nachhaltige Energieversorgungskonzepte für Quartiere

In diesem Leitfaden werden Wärmepumpentechnologien, Solarthermie, Biomasse, Kraft-Wärme-Kopplungen, Fern- sowie Nahwärme und Brennstoffzellen als künftige nachhaltige zentrale bzw. dezentrale Energieversorgungssysteme in Quartieren betrachtet und hinsichtlich ihrer Eignung bewertet.

Bibliographische Daten

G. Weber, M. Banozic, B. Fina, D. Horak, G. Zucker
Herausgeber: BMK
Deutsch, 76 Seiten

Inhaltsbeschreibung

Quartierskonzepte als integraler Bestandteil in der Stadtentwicklung bieten viele Möglichkeiten in Bezug auf die Energieversorgung von Städten, Dörfern oder Gemeinden. Im Quartier werden mehrere Gebäude gesamtheitlich und im räumlichen Zusammenhang betrachtet, wobei sich die Strukturen hinsichtlich des Siedlungstyps sowie der Bebauungsdichte unterscheiden. Mischnutzungen, die häufigste Form derzeitiger Quartiere, ergeben Mehrwerte aufgrund der Nutzungsabhängigkeiten zueinander, sozialer Konsequenzen sowie nachhaltiger Vorteile. Quartiere mit geringeren Bebauungsdichten bieten bei dezentraler Energieproduktion Vorteile, da im Verhältnis pro Kopf mehr Fläche zur Energieerzeugung zur Verfügung steht. Im Gegensatz dazu decken sehr dicht besiedelte Quartiere aufgrund der hohen Energiedichte nur erschwert den Energiebedarf. Um ein nachhaltiges Energieversorgungssystem zu unterstützen, müssen fossile Energieträger möglichst durch erneuerbare Energiequellen ersetzt werden.

Eine Strategie zur wärmeseitigen Transformation von Bestandsquartieren stellt der Ausbau von Wärmenetzen dar, die klimaneutral lokale Wärmepotenziale nutzen und fluktuierende Stromeinspeisungen aus erneuerbaren Energien in das Energiesystem integrieren. In der Praxis ist das jedoch nicht immer einfach umsetzbar, da neben technischen und wirtschaftlichen Hemmnissen oft organisatorische Herausforderungen in der Projektabwicklung bestehen. Einen weiteren Lösungsansatz bietet derzeit die Kombination von Photovoltaik mit Blockheizkraftwerken, da Solarenergie in den meisten Quartieren das größte Potenzial darstellt.

In der Auswahl des Versorgungskonzepts gibt es mehrere standortspezifische Einschränkungen, darunter neben dem Alter und der Errichtungszeit der Gebäude die bestehende Infrastruktur, d. h. das Vorhandensein eines Fernwärme- oder Gasnetzes, Verfügbarkeit von (Frei-)Flächen zur Energiegewinnung, Beschaffenheit bzw. Geologie des Bodens sowie Möglichkeiten zur Grund-/Abwassernutzung bzw. relevante legislative Vorgaben am Standort. Des Weiteren beeinflussen der technische sowie rechtliche Aufwand, die Multiplizierbarkeit der Versorgungslösungen, die Folgen des Klimawandels auf die Versorgungssicherheit, eine Flexibilität in der Erweiterung des Versorgungskonzepts, das Potenzial zur Sektorkopplung, die Berücksichtigung von Klimawandel und -anpassungsmaßnahmen, das Bereitstellen einer Netzdienlichkeit sowie Förderungen die Auswahl des Versorgungskonzepts.

Im Detail wurden in diesem Leitfaden Wärmepumpentechnologien, Solarthermie, Biomasse, Kraft-Wärme-Kopplungen, Fern- sowie Nahwärme und Brennstoffzellen als künftige nachhaltige zentrale bzw. dezentrale Energieversorgungssysteme in Quartieren betrachtet und hinsichtlich ihrer Eignung bewertet.

Ökologisch werden Versorgungsvarianten mit Wärmepumpen als positiv bewertet, da sie zur Erreichung der Klimaziele bzw. Klimaneutralität bis 2040 beitragen. Bei Wasser-Wasser-Wärmepumpen bestehen im Vergleich zu Luft- oder Sole-Wärmepumpen in Kombination mit Erdkollektoren/-sonden legislative Hürden in der Umsetzung. Eine Multiplizierbarkeit erfordert eine genaue Standortprüfung, um daraus die richtige Wärmepumpenart zu identifizieren. Ökonomisch gesehen hängt eine positive Bewertung stark von der elektrischen Versorgung des benötigten Strombedarfs sowie vom Gebäudestandard im Quartier ab. Vor allem reversible Wärmepumpen stellen aufgrund der passiven Kühlmöglichkeit eine gute Möglichkeit dar, um mittels aktiver Kühlung den Auswirkungen des Klimawandels und den daraus resultierenden steigenden Temperaturen entgegenzuwirken. In Kombination mit Photovoltaik wird zudem der Eigenverbrauch durch den erhöhten Strombedarf im Sommer und die vermehrte direkte Nutzung des Solarstroms erhöht. Solarthermie sowie PVT-Kollektoren liefern in diesem Zusammenhang jedoch keine Vorteile.

Künftig ist bei Anwendungen von Biomasse als nachhaltiger Energiequelle in einem Quartier davon auszugehen, dass es zu einer Verknappung der Ressource durch die verstärkte Nutzung als Rohstoff kommen wird. Beachtet werden muss zudem, dass es bei der energetischen Nutzung zu Umweltbelastungen durch die Verbrennung kommt; daher spielt v. a. die Herkunft der Biomasse eine Rolle. Aus wirtschaftlicher Sicht stellt eine zentrale energetische Versorgung mittels Hackschnitzeln in Kombination mit Solarthermie eine rentable Lösung dar, sofern die Biomasseversorgung über die Nutzungsdauer geklärt ist. Eine Nachrüstung, resultierend aus einem Anstieg des Energiebedarfs, kann in manchen Fällen erschwert sein, da ein größerer Platzbedarf für die Lagerung der Biomasse notwendig ist und unter Umständen legislative Vorgaben hinsichtlich der Leistung der Wärmeerzeuger bestehen.

Kraft-Wärme-Kopplungen werden in Quartieren als Brückentechnologie gesehen, die künftig jedoch durch den weiteren Ausbau erneuerbarer Energien an Bedeutung verlieren, obwohl eine Erweiterung durch den Austausch des Spitzenlastkessels als einfach zu bewertet ist und es zu keinem großen zusätzlichen Platzbedarf kommt. Hinsichtlich der Netzdienlichkeit können sowohl BHKW als auch Brennstoffzellen bei stromgeführter Betriebsweise einen positiven Nachhaltigkeitseffekt erzielen und eine Sektorkopplung ermöglichen.

Brennstoffzellen könnten in der energetischen Versorgung von Quartieren v. a. der Industrie künftig bei entsprechender CO2-neutraler Erzeugung an Bedeutung gewinnen. Dem gegenüber stehen jedoch ein hoher Platzbedarf sowie Investitionskosten bei der Umsetzung.

Kalte Nahwärme in Verbindung mit Erdkollektoren/Erdsonden sowie Abwärme bietet zwar aufgrund der niedrigen Temperaturniveaus energetische Vorteile, erfordert jedoch einen erhöhten Platzbedarf bzw. resultieren aufgrund geringer Erfahrungen in höhere Investitionskosten.

Im Gegensatz dazu wird Fernwärme als Bestandteil im Wärmemix weiterhin als wichtige Technologie auf Quartiersebene gesehen. Eine Erweiterung sowie ein Ausbau eines bestehenden Netzes können jedoch aufgrund der Topologie sowie der Investitionskosten zu Herausforderungen führen. Eine Erweiterung aufgrund Verbrauchssteigerungen stellt über den Austausch der Übergabestation eine einfache Variante dar.

Nahwärme in Verbindung mit Abwasserwärmenutzung unterliegt in der Implementierung als wenig erprobte Technologie erhöhten technischen und rechtlichen Hürden sowie Investitionskosten. Die Kombination von Nahwärme mit Solarthermie und Hackschnitz kann jedoch aufgrund geringen Platzbedarfs sowie technischer und rechtlicher Vorgaben positiv bewertet werden. Zudem bietet die Nutzungsvariante mit Nahwärme die grundsätzliche Eignung, im Sommer über die Netzinfrastruktur zu kühlen, was zu einer positiven Bewertung hinsichtlich der Klimawandelanpassung führt.

Zusammenfassend ist eine klimaneutrale Energieversorgung nur dann erreichbar, wenn sowohl die Wärmeversorgung als auch die Mobilität künftig hauptsächlich strombasiert erfolgen, wobei das Ziel nicht eine vollständige Elektrifizierung ist, sondern der Nutzen eines optimalen Anteils, der je nach Quartier unterschiedlich hoch sein kann. Vor diesem Hintergrund ist eine gekoppelte Betrachtung der Sektoren Strom, Wärme, Kälte und Mobilität bei der Planung eines klimaneutralen Energieversorgungssystems unerlässlich. Wesentlich ist daher, dass ein Quartier als Teil eines Gesamtsystems eine Klimaneutralität nicht allein und sofort erreicht, sondern Synergien zwischen den zentralen und dezentralen Versorgungsebenen, aber auch zwischen den energetischen und sozialen Ebenen nutzt, um eine nachhaltigere Transformation zu ermöglichen.

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