ReBuildStock – Portfolio-Management zur Dekarbonisierung großer Wohnungsbestände

Portfolio-Managementmethode zur Unterstützung der Entscheidungsprozesse von Eigentümer:innen größerer Wohnungsbestände bei der Erarbeitung von Strategien zur schnellen und sozialverträglichen Dekarbonisierung ihrer Gebäudebestände.

Kurzbeschreibung

Ausgangslage und Motivation

Die EU plant bis 2030 eine Reduktion der CO2eq-Emissionen um 55 % (EC 2024a), wobei der Gebäudesektor eine Schlüsselrolle spielt. Zur Umsetzung wurden die „Renovation Wave" (EC 2020) und die überarbeitete Gebäuderichtlinie (EPBD) eingeführt (EC 2024c), um bis 2050 energieeffiziente Bestandsgebäude zu schaffen. Österreich muss dazu Sanierungsraten erhöhen und Fördermittel bereitstellen, um einkommensschwache Haushalte zu unterstützen und Energiearmut zu reduzieren. Es bedarf neuer Tools, um große Gebäudebestände effizient zu sanieren und Dekarbonisierungsstrategien wirtschaftlich umzusetzen.

Projekt-Inhalte und Zielsetzung

Das Projekt ReBuildStock zielt darauf ab, eine Portfolio-Management-Methode zu entwickeln, die Eigentümern großer Wohnungsbestände bei der Planung einer schnellen und sozialverträglichen Dekarbonisierung unterstützt. Die Methode beantwortet Fragen zu aktuellem Energieverbrauch und CO2eq-Emissionen, prioritären Sanierungsgebäuden, Wärmeversorgungsoptionen sowie zur Refinanzierung umfassender Sanierungen durch Rücklagen, Förderungen und Mieterhöhungen. Zudem hilft sie, kosteneffiziente Sanierungskonzepte zu identifizieren und den mittelfristigen Finanz- und Förderbedarf zu planen.

Portfolio-Management-Methode

Die Portfolio-Management-Methode unterstützt die Eigentümer großer Wohngebäudebestände bei der effizienten und sozialverträglichen Dekarbonisierung ihrer Immobilien. Der Prozess ist in sechs Schritte unterteilt:

  • Bestandsanalyse: Zunächst werden Daten aus Facility-Management-Systemen und Energieausweisen erfasst und in strukturierte Datensätze umgewandelt. Mithilfe detaillierter und vereinfachter Berechnungsmethoden werden Heizwärmebedarf, Endenergiebedarf und CO2eq-Emissionen für die Gebäude berechnet, je nach Datenverfügbarkeit.
  • Energiebilanzierung: Die Energiebilanzen der Gebäude werden sowohl für den aktuellen Zustand als auch unter Berücksichtigung geplanter Sanierungsmaßnahmen berechnet. Das integrierte Energieausweis-Berechnungsmodell hilft dabei, die geplanten Maßnahmen auf baurechtliche Mindestanforderungen und Förderkriterien zu prüfen.
  • Einteilung in Sanierungstypen: Da ein einheitlicher Sanierungsansatz für alle Gebäude nicht praktikabel ist, wurden verschiedene Sanierungstypen entwickelt. Mithilfe von Entscheidungsbäumen werden die Gebäude nach Baujahr, Bauweise und energetischem Zustand kategorisiert, um maßgeschneiderte Maßnahmen zu empfehlen – von geringfügigen Anpassungen bis hin zu Abriss und Neubau.
  • Bewertung von Sanierungsmaßnahmen: Der Fokus liegt auf der Dekarbonisierung der Wärmeversorgung für Heizung und Warmwasser sowie der Optimierung der Gebäudehülle, um Heizwärmebedarf und Heizleistung zu reduzieren. Abhängig vom Gebäudetyp werden automatisch kombinierte Maßnahmen zur Verbesserung der Gebäudehülle und der Wärmeerzeugung ausgewählt.
  • Automatisierte Kostenschätzung und Fördermöglichkeiten: Die Methode schätzt die Sanierungskosten und Fördermöglichkeiten mithilfe einer Kostendatenbank, die detaillierte Informationen zu Bauteilen (wie Außenwände, Fenster) und Haustechnik-Komponenten (wie Wärmeerzeuger und Lüftung) enthält. Dies ermöglicht eine präzise Finanzplanung und Optimierung der Fördermittel.
  • Projektreihung und -auswertung: Basierend auf den Bestandsdaten, Energiekennzahlen und geplanten Maßnahmen werden Sanierungsfahrpläne erstellt. Die Priorisierung erfolgt nach Kriterien wie Heizwärmebedarf, Energieeinsparung, CO2eq-Reduktion, Wärmekosten und dem baulichen Zustand. Das verfügbare Investitionsvolumen und die Kapazitäten der Wohnbauträger werden ebenfalls berücksichtigt, um eine realistische Umsetzung zu gewährleisten. Das Projekt hat zudem ein internes Betatool entwickelt, das unterschiedliche Auswertungsmöglichkeiten zur Unterstützung der Sanierungsentscheidungen bietet.

Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen

Ein systematisches Portfoliomanagement ist entscheidend, um die Dekarbonisierung großer Wohngebäudebestände in Österreich bis 2040/2050 zu erreichen. Die entwickelte Methode nutzt anfangs wenige Daten aus Facility-Management und Energieausweisen, um den Aufwand gering zu halten und schnelle Ergebnisse zu liefern. Durch optionale Zusatzdaten kann sie verfeinert werden, um genauere Maßnahmen und Sanierungsstrategien zu entwickeln.

Die aktuellen Energieausweise liefern nicht ausreichend Daten für ein effektives Management; daher werden detailliertere Informationen zur Gebäudehülle und Haustechnik sowie eine einheitliche Tabelle im Anhang des Energieausweises empfohlen. Zusätzlich sind erweiterte Datenerhebungen notwendig, die spezifische Informationen zum Gebäudezustand, Standort und Potenzial für erneuerbare Energien wie Wärmepumpen, Photovoltaik oder Fernwärme umfassen.

Im gemeinnützigen und privaten Wohnbau erschweren finanzielle und rechtliche Hürden die thermische Sanierung, weshalb längere Refinanzierungszeiträume und flexible Mietanpassungen vorgeschlagen werden, um die finanzielle Belastung der Mieter zu verringern. Anpassungen im Mietrechtsgesetz (MRG) sind erforderlich, um die Duldungspflichten für Dekarbonisierungs-maßnahmen zu erweitern und Contracting-Lösungen zu erleichtern.

Für Gebäude, die saniert und dekarbonisiert werden sollen, ist es empfehlenswert, frühzeitig die Akzeptanz der Mieter*innen zu erfassen, um eine bedarfsgerechte Umsetzung zu ermöglichen. Informationsmaßnahmen, die Einbindung von Mietervertreter*innen und Kostentransparenz fördern die Zustimmung. Objekte mit hoher Akzeptanz können priorisiert werden.

Bei der Priorisierung von Maßnahmen müssen neben CO2eq-Einsparungen auch wirtschaftliche und organisatorische Machbarkeit sowie rechtliche Rahmenbedingungen berücksichtigt werden. Belastbare Kostenschätzungen auf Bauteil- und Haustechnik-Ebene sind essenziell; daher sollte eine detaillierte Kostendatenbank für energetische und nicht-energetische Sanierungen entwickelt werden. Schließlich sollten energiepolitische Ziele wie das 1,5-Grad-Ziel auf Gebäudeportfolios heruntergebrochen und in nationale Gebäuderenovierungspläne integriert werden, mit verbindlichen Zielwerten für die energetische Sanierung, abgestimmt auf Gebäudetypen, Baualtersklassen und Wärmeversorgungssysteme.

Publikationen

ReBuildStock - Portfolio-Management zur Dekarbonisierung großer Wohnungsbestände

Portfolio-Managementmethode zur Unterstützung der Entscheidungsprozesse von Eigentümer:innen größerer Wohnungsbestände bei der Erarbeitung von Strategien zur schnellen und sozialverträglichen Dekarbonisierung ihrer Gebäudebestände. Schriftenreihe 8/2025
T. Roßkopf-Nachbaur, T. Weiss, C. Moser, W. Amann, M. Ploß, T. Hatt, A. Mundt, A. Oberhuber
Herausgeber: BMK
Deutsch, 115 Seiten

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Projektbeteiligte

Projektleitung

Energieinstitut Vorarlberg

Projekt- bzw. Kooperationspartner:innen

  • AEE - Institut für Nachhaltige Technologien
  • IIBW - Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen GmbH

Kontaktadresse

Energieinstitut Vorarlberg
Thomas Roßkopf-Nachbaur
Campus V, Stadtstraße 33
A-6850 Dornbirn
Tel.: +43 (5572) 31202-58
E-Mail: thomas.rosskopf@energieinstitut.at
Web: www.energieinstitut.at